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Monthly Archives: October 2017

Hear the full interview on Yale Radio:

http://museumofnonvisibleart.com/interviews/andrea-scrima/

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Making art was a form of archaeology, of excavating the inscrutable. It revealed itself through fragments, through their reconstruction. Why this dot, this smear—why did they resonate in such an unmistakable way? It was essential to recognize these events, to understand the patterns of their repetition and to narrow them down to a visual vocabulary. These were the elements at our disposal, there were never more than a handful of them, and they remained irreducible. Process was everything: there had to be a truthfulness to it, a conjunction between the act and the impulse that had propelled it, an economy in which every mark stood for something—not as a means to an end, but at the very moment it was being made. It required a suspension of conscious will; it was about locating one’s inner sensorium and learning to pay attention to it, to trust it. It was the point of convergence between the self and the world: the place where, if only for an instant, a universal language might be revealed. I stepped back to view the large canvas. Subtle shadows were visible across the white expanse now, caused by the topography of the scraped surface beneath it. Swirls of pigment had come to rest in the turpentine on the floor, and as I bent down to spread a few sheets of newspaper over the turbid puddle, my reflection bent down with me and reached its fingertips up toward my outstretched hand. 

— from the novel-in-progress Like Lips, Like Skins

Scrima-COVER

Photo: Eliza Proctor

 

Read a sample from the German translation here. 

 

Rezensionen:

Wenn jemand zwischen zwei Kontinenten, zwei Wohnungen lebt, stellt sich die Frage nach der Flüchtigkeit der Erscheinungen womöglich dringlicher. Andrea Scrima scheint von ihr verfolgt zu sein. Immer wieder rücken die Dinge, die sie umgeben, in den Fokus. Dinge, die eingepackt, eingelagert, in Koffern transportiert werden. Dinge, die allein durch menschliche Anwesenheit mit Bedeutung aufgeladen werden. In unablässigen Anläufen hakt sich das Ich an einzelnen Situationen, Momenten fest, zoomt sie heran, um sie mit einer fast schon unheimlichen Wahrnehmungsgenauigkeit aus dem Dunkel der Vergangenheit, des Ungesagten herauszuholen und auszuleuchten. Nicht grell, sondern tastend und behutsam.

— Bettina Schulte, Badische Zeitung, 17. Mai 2018

 

Nicht wir erinnern uns an die Orte, sie erinnern sich an uns. Sie sind es, die uns nicht mehr loslassen, und manchmal können wir sie in der Gruft der Erinnerung aufsuchen. So wie Andrea Scrima in ihrem feinsinnigen Roman “Wie viele Tage”. 

Fast jeder Abschnitt des Romans “Wie viele Tage” der 1960 in New York City geborenen Andrea Scrima beginnt mit einer Adressangabe: Bedford Avenue, Kent Avenue, Ninth Street, Eisenbahnstraße, Fidicinstraße. Dort finden sich die Straßen, in denen die Künstlerin und Schriftstellerin in den Achtziger- und Neunzigerjahren gelebt hat; dort sind die Wohnungen, in denen die Erinnerungen an Zeiten, Gefühle, Zustände sich eingelagert haben. Und auch wenn die Orte und die Gesichter zu verschwinden drohen, mit jedem Jahr ein bisschen tiefer hinabsinken in die Gedächtnisgruft, so bleibt doch ein Teil des Ich dort weiterhin zurück. Wir erinnern uns nicht einfach nur an Orte. Wir scheinen uns, so ein magischer Gedanke, in Orte einzuschreiben. Sie sind es, die uns nicht mehr loslassen.

— Ulrich Rüdenauer, Süddeutsche Zeitung, 3. Mai 2018

 

Scrimas Sprache ist eine oft sehr poetische, manches kurze, nur halbseitige Kapitel könnte ebenso ein Gedicht im Blocksatz sein. Hier verschwimmen die Grenzen und so wird aus Biografischem feinste Literatur. Ein Leuchten!

— Marina Büttner, Literaturleuchtet, 20. Juni 2018

 

Linearität im Erzählen wird zugunsten einer durchlässigen, assoziativen Komposition aufgegeben, die Ebenen verwischt durch das mantraartige “doch das kam später”. Zeitgeschichte wirkt als Raunen im Hintergrund. Die Rekonstruktion des bewegenden Jahrzehnts, in dem das Vagantenleben der Erzählerin stattfindet, erfolgt über Zeitungsschnipsel, die sie sich quasi künstlerisch einverleibt. Was bleibt ist die Frage nach der eigenen Identität in dem Raum-Zeit-Gefüge: Wie sehr ist die Künstlerin heute die, die sie in den Farbschichten ihrer Bilder, ihren Texten und den Schichten ihrer Vergangenheit findet? Andrea Scrima kann in ihrem autobiografisch gefärbten Debüt wunderbar davon erzählen. 

— Senta Wagner, Buchkultur 177, April 2018

 

Andrea Scrima ist eine Meisterin des Sehens, vermag mit ihrer feinen Wahrnehmung Oberflächen aufzubrechen, dahinter liegende Schichten freizulegen. (. . .) Sie schreibt, wie sie arbeitet, wie sich das Sehen in ihrer Kunst manifestiert. Wie sie ihre Umgebung, ihre Welt zu erfassen versucht, wie sie sich mit ihr vertraut macht. Wie wenig sie dabei von sich selbst gefangen ist!

— Gallus Frei-Tomic, literaturblatt.ch, 10. April 2018

 

Respect ist das erste Gefühl, dass sich bei der Lektüre einstellt: man hat Respekt vor der unbeirrbaren Widerständigkeit einer Frau, die ihren Lebensort sucht und ihre Identität als Künstlerin entschieden verteidigt. (. . .) Leben konnte die Malerin von ihrer Kunst nie.  Aber die Erzählerin, die sich immer wieder an ein wechselndes, aber vertrautes Du wendet, nutzt die Unsicherheit ihrer Künstlerexistenz und entwickelt daraus eine beeindruckende Freiheit des Denkens und Handelns.

— Claudia Fuchs, SWR2, 03. April 2018

 

Feinsinnige, unglaublich intensive Momentaufnahmen einer Frau über das Verstreichen der Zeit, ihre Einsamkeit, Verlust und Verlassenheit und die Fähigkeit loszulassen.

— Klaus Bittner, Buchtipps Frühjahr 2018

 

Ihre transatlantischen Erinnerungen an das New Yorker Zuhause und die Wahlheimat Berlin in den 1980er und 90er Jahren verknüpft Scrima zu einem geheimnisvollen, schwebend leicht erzählten Gedankengeflecht. Scrima sinniert voll lyrischem Schwung über die Vergänglichkeit von allem, was uns wichtig war, und das allmähliche Schwinden unserer eigenen Tage.

— René Freudenthal, Carl-Schurz-Haus, April 2018

 

Die Gegenstände werden das Ich überdauern, „nichts ist so ephemer wie ich selbst“, weiß die Erzählerin, die ihre Ambivalenzen, ihre „Schwierigkeit mit dem Präsens“ zum Ausgangspunkt ihrer Suche macht und sich im Schreiben mit ihrem Leben verbündet. Sie muss in Gedanken nur eine Schublade des alten Küchenschranks auf Staten Island öffnen oder die italienischen Lesefibeln vor sich sehen, oder sich daran erinnern, wie sie „in diesem riesigen Königreich unserer Kindheit“ für den Bruder „wissenschaftliche Tatsachen“ über das Universum erfand, und es ist, als würden die Figuren sich in Bewegung setzen, als könnten sie der Erzählerin sogar ins Wort fallen, so lebendig werden sie im Bild dieser Sprache. Das ist hohe Kunst und beweist den Reichtum dieses Buchs, dem es gelingt, sich von allen Belangen der Selbstbehauptung zu lösen und einen Raum zu schaffen, in dem man als Leser tatsächlich den Eindruck hat, genauer denken, deutlicher sehen zu können. Empfindsamer zu sein.

— Elisabeth Wagner in der taz, Wochenendausgabe, 10. Februar 2018

 

Es sind die kleinen Beobachtungen, die das Leben zu dem machen, was es ist, denn sie bestimmen die subjektive Wahrnehmung der Realität, und nicht die großen Erschütterungen der Zeit, der Außenwelt. Die Ästhetik liegt im Gewöhnlichen und Alltäglichen. In einer der poetischsten Stellen des Romans wird die Protagonistin Zeugin des Moments, bevor sich der Kaffeerest aus einem achtlos weggeworfenen Becher und Hundeurin auf der Straße berühren und genau dort ein Zettel mit einer Adresse liegt, den sie rettet. Der Gedanke, dass nur sie den Zauber dieses Augenblicks wahrgenommen hat, diese „Faktoren in einer Gleichung, die für mich und nur für mich bestimmt war“, macht sie schwindlig – „und dennoch verstand ich nichts, überhaupt nichts“. 

— Isabella Caldart im Novellieren, 20. Februar 2018

 

Es geht sprunghaft zu in diesem Buch, das sich auf kleine Segmente einer Biographie konzentriert, die dafür detailgenau festgehalten werden. Chronologie wird aufgehoben, Linearität so im Vorfeld unmöglich gemacht. (…) Das eigene Ich wird umkreist wie ein Fremdkörper, ein rätselhaftes Ding, das sich nicht recht erschließen lässt. „Ein Blick, mehr nicht, und eine stille Lawine gerät in Bewegung, eine stumme Katastrophe.“ So könnte eine Poetik beginnen, die davon ausgeht, wie aus etwas scheinbar Harmlosem etwas Bedrohliches entsteht.

– Anton Thuswaldner, Die Furche, Sonderbeilage „Booklet“, April 2018

 

In einer behutsamen, langsamen Sprache reihen sich die melancholischen Gedanken der Autorin aneinander. Es sind kurze poetische Episoden, einfühlsame, kontemplative Beschreibungen zwischen Berlin und New York.

– Anna Bleibtreu, Weiberdiwan

 

Bemerkenswert poetisch, psychologisch spannungsreich.

– Wolf Ebersberger, Nürnberger Zeitung

 

Das Besondere und das Wunderbare an diesem Roman ist, dass es Scrima mit dem Ausdrucksmittel der Sprache gelungen ist, uns die Funktionsweise des Erinnerungsprozesses wirklich erfahrbar und erlebbar zu machen. Denn anstatt eines sinnvoll geordneten und strukturierten Narrativs präsentiert sie uns mit Wie viele Tage eine Textkomposition, die ebenso wenig ordnet und sinnvoll kategorisiert, wie unser Gedächtnis, wenn es sich der Gegenwart enthebt, um sich vergangenen Erlebnissen zuzuwenden. Unsere Erinnerungen sind sprunghaft, sie schwimmen von einem Bild zum nächsten. Und von Bedeutung sind meist die einfachen Dinge: die Möbelstücke, mit denen wir eine bestimmte Phase unseres Lebens assoziieren, die Erinnerung an unser Gefühl, dass wir gerne all unseren Besitz an einem Ort beisammen hätten, damit wir uns selbst nicht mehr wie ständig auf der Reise zu fühlen. Die Weltgeschichte erscheint in dem Leben des Einzelnen meist nur am Horizont, während es unser Leben in den eigenen vier Wänden und unsere Wahrnehmung der direkten Umgebung ist, das unser Sein bestimmt und beeinflusst. Für all dies steht dieser lyrische Roman, der durch den Einfluss der bildenden Kunst dahingehend auf wunderbare und einmalige Weise befruchtet wird, dass kraft der Sprache tatsächlich visuelle Bilder vor unserem geistigen Auge entstehen.

– Jana Fuchs, literaturkritik.de

 

INTERVIEWS:

 

A Faint Distrust in Words: A Conversation between Christopher Heil and Andrea Scrima

3QuarksDaily, 17. September 2018

 

Andrea Scrima / Museum of Non-Visible Art

Yale University Radio, August 2018

 

Schriftstellerin Andrea Scrima: „In Amerika könnte ich kaum mehr geistig überleben”

Neue Zürcher Zeitung, 30. Juli, 2018

           

Porträt einer Künstlerin als junge Frau

Deutschlandfunk Kultur, im Gespräch mit Joachim Scholl, 06. Juli 2018

 

Patterns of Erosion: A Conversation with Andrea Scrima

Music & Literature, 26. April 2018 (Onlineausgabe)

 

Andrea Scrima: Wie viele Tage

Literadio, Leipziger Buchmesse 2018, ausgestrahlt am 15. März 2018

 

Interview, Andrea Scrima / Museum of Non-Visible Art

Yale University Radio, Oktober 2016

 

In the Gaps Between Things: Andrea Scrima’s A Lesser Day

The Brooklyn Rail, Mai 2015 (Online- und Printausgabe)

 

 

 

 

 

MARGARITA MEKLINA and SNEŽANA ŽABIC

with Andrea Scrima

 

Wreckage of Reason II: Back to the Drawing Board
(Spuyten Duyvil Publishing, 2014)

Andrea Scrima invited two of her co-authors in the anthology, Margarita Meklina and Snežana Žabić, to take part in a conversation about what experimental writing means today—beyond the marginalization the label inevitably leads to, both in terms of commercial viability and literary visibility. Meklina emigrated to the US from Russia at the age of twenty-two and lives in Oakland; Žabić, who eventually settled in Chicago, was forced to flee her native Vukovar when the wars in the former Yugoslavia broke out. Scrima, who was born and raised in New York and has been living in Berlin for more than half her life, soon noticed that cultural displacement was an element each of them had in common; as she began to question the effects this may have had on their various literary projects—whether it fostered a critical distance to mainstream culture, or a skepticism regarding its definition of success—she decided to ask Meklina and Žabić to discuss their experiences. What follows is a conversation about emigration, identity, and the many unforeseen ways in which an initial loss of language can grow into a reconsideration and regaining of language. In the process, Scrima, Meklina, and Žabić explore the question Skolkin-Smith poses early in her essay on the anthology: “How do experimental literary writers continue to foster their literary legacy, to offer up profound depths, language, and soul, to grow as writers willing to risk, and to toss up, around, and about meanings and connections in ways that rise above entertainment?”

Read the entire conversation here: 

http://brooklynrail.org/2015/07/books/parataxis-and-ponzi-schemes

 

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By Leora Skolkin-Smith

Wreckage of Reason II: Back to the Drawing Board, edited by Nava Renek and Natalie Nuzzo and recently published by Spuyten Duyvil Publishing, is a collection of thirty-three experimental pieces written by women. It stands on its literary merits alone, but it also elicits questions that point far beyond its own physical presence in the publishing arena—questions primarily to do with the threatened future of experimental and literary writing itself, with the questionable health and well-being of our current literary culture and its openness or lack thereof to work that isn’t consumerist in intent. As if the standing of experimental writing in our literary culture weren’t enough of a problem, the troubling statistics testifying to the glaring inequality in attention given to women writers in comparison to their male counterparts present a serious crisis in writing, as both problems conflate to confront us with several critical questions we seem unable to table away: for instance, how does our current literary culture make room or recognize experimental writers, not as marginal guests at the buffet but as essential contributors? How do experimental literary writers continue to foster their literary legacy, to offer up profound depths, language, and soul, to grow as writers willing to risk and to toss up, around, and about meanings and connections in ways that rise above entertainment? In other words: to do this thing we still call “prose” and “story” as it evolved during the decades before it was oppressed by the omnipresent forces now censoring writing and writers?

Published in Ready Steady Book

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